Hänsel und Gretel 
ein interaktives Märchen der Schülerinnen und Schüler
der Grundschule Haag an der Amper

 

1. Zur Entstehung des Märchenprojekts

Die Firma Microsoft bietet Schulen an, ein Projekt zu bearbeiten, das mit Hilfe von Microsoft Software erarbeitet bzw. erstellt wird. Dazu stellt Microsoft die notwendige Software für die Schule auf Dauer kostenlos zur Verfügung. Voraussetzung ist, dass sich das Projekt mit dem Medium Computer beschäftigt und etwas Neuartiges beinhaltet. Auf Anregung eines Schülervaters wurde die Zusammenarbeit mit Microsoft gesucht. Von einer Lehrkraft kam der Vorschlag, ein interaktives Märchen zu verwirklichen.

2. Vertraut werden mit dem neuen Medium "Computer"

Pünktlich zum ersten Schultag des Schuljahres 2001/2002 wurde unser Computerraum mit 13 Arbeitsplätzen fertig. Zusätzlich waren ein Lehrerarbeitsplatz, ein Beamer und zwei Drucker vorhanden. Die Gemeinde stellte die Räumlichkeiten der ehemaligen Bürgermeisterkanzlei zur Verfügung. Viele Sponsoren sorgten für die Hardware und HaagNet e.V. (vorwiegend Eltern unserer Schulkinder) kümmerte sich um Installation, Vernetzung und Wartung.

Die 2. bis 4. Klassen sowie zwei Arbeitsgemeinschaften wurden mit den Programmen "Word", "Paint" und "PowerPoint" vertraut gemacht. Dabei erwiesen sich viele Kinder schon als sehr geschickt im Umgang mit dem PC und konnten ihre Fertigkeiten im Laufe des Schuljahres ausbauen - die beste Voraussetzung für unser geplantes Projekt.


Schon wieder drängt die Zeit!

3. Didaktische Umsetzung des Projekts

a) Begriffsklärung

Märchen waren uns aus dem Unterricht vertraut, aber mit dem Begriff "interaktiv" konnten wir zunächst wenig anfangen. Wir fanden keine eindeutige Definition, weder im Lexikon noch im Internet. Nach langen Gesprächen im Kollegium und in Konferenzen einigten wir uns auf folgendes Begriffsverständnis: Interaktionen sollten zunächst zwischen den Schülern innerhalb der einzelnen Klassen, dann zwischen den Klassen und fächerübergreifend stattfinden.

b) Märchen im Unterricht

In allen Klassen wurde das Thema "Märchen" im Unterricht behandelt: Märchen wurden gelesen, erzählt, Merkmale erarbeitet, gespielt, in Musik umgesetzt, gezeichnet, fortgesetzt, verfremdet... Eine Märchenerzählerin entführte die Kinder in die Welt der Zauberer und Feen. Die 3. und 4. Klassen durften in die Märchenoper "Hänsel und Gretel" ins Prinzregententheater nach München fahren.

c) Projektstart

Durch die intensive Vor- und Nachbereitung der Oper bot sich das Märchen "Hänsel und Gretel" als Ausgangsmärchen für unser Projekt an. Ausgehend vom Liedanfang "Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald" fanden die Schüler viele Möglichkeiten, wohin sich Hänsel und Gretel noch verlaufen könnten. Wir einigten uns auf weitere drei Orte, die den Ausgangspunkt für neue Handlungsstränge darstellten.

Hänsel und Gretel ...
.... verliefen sich
  • im Wald
  • in Haag
  • im Theater
  • im Zauberland


erste Ideensammlung -
festgehalten an der Schrankwand im Lehrerzimmer

d) Projektarbeit

Die Schüler brachten phantasievolle Texte zu Papier. Die Schwierigkeit bestand darin, nur kurze Teilstücke zu erfinden, die märchenhaften Charakter haben sollten und noch dazu mit zwei Fortsetzungsmöglichkeiten enden mussten. Schüler aus anderen Klassen sollten nämlich an der jeweiligen Stelle gedanklich anknüpfen und weiterschreiben. Auf diese Weise ging das Märchen von Klasse zu Klasse und verzweigte sich zunehmend in neue Handlungsstränge. Es war für die Verfasser immer wieder spannend und überraschend, wie ihre Ideen weitergeführt und dabei verfremdet wurden.

Um den Überblick zu behalten, wurden alle Texte an Pinnwände im Schulhaus geheftet. So konnten sich Schüler und Lehrer jederzeit über den Stand der Arbeit informieren und an den entsprechenden Stellen weiterschreiben oder passende Bilder dazu malen.

Die Struktur des Märchens nimmt Formen an

An einigen Stellen erfanden die Kinder Elfchengedichte, Kreuzworträtsel, Bilderrätsel und Rätsel in englischer Sprache. Es gelang sogar, ein kurzes Musikstück einzubauen.

Nun galt es, den Ideenreichtum der Kinder zu bremsen! Es musste zu jedem Handlungsstrang ein Ende beziehungsweise eine Verknüpfung zu einem anderen Strang gefunden werden. So hatten wir in Gemeinschaftsarbeit aus dem Ausgangsmärchen eine Vielzahl von Märchen erfunden. Die vielen Entwürfe wurden von den beiden Arbeitsgemeinschaften der 3. und 4. Klassen geschickt und eifrig mit dem Textverarbeitungsprogramm Word in den Computer eingegeben.

Gegen Ende des Schuljahres war die ganze Schule im Projektfieber! Nun stellten wir unser Sommerfest auch noch unter das Motto "Märchen". An zwölf Stationen durften sich die Kinder als Märchengestalten sportlich betätigen. Alle waren so begeistert, dass das Fest mit in die Handlung eingebaut werden musste.

Auch ein Logo-Wettbewerb fand bei den Schülern großen Anklang.


Die Preisträger mit ihren Entwürfen

e) Technische Umsetzung des Projekts

In Zusammenarbeit mit den Experten des HaagNet e.V., die allesamt engagierte Eltern unserer Schüler waren beziehungsweise sind, wurde unser Märchen in das Internet gestellt. Dafür wurde die Software FrontPage genutzt. Es war aber nicht immer einfach, die vielfältigen und ausgefallenen Ideen auch technisch umzusetzen. Doch es wurden immer wieder Wege gefunden, das Unmögliche möglich zu machen.

f) Projektpräsentation

Dank der guten Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule konnte am Ende des Schuljahres 2001/2002 unser Projekt präsentiert werden. Zwei Vormittage lang durften sich zunächst die Schüler im Computerraum mit ihrem Märchen interaktiv beschäftigen. Die Begeisterung war groß! Jeder Schüler war stolz, irgendetwas von sich zu finden und einen Teil zum Gesamtprojekt beigetragen zu haben. Die Fülle der Handlungsstränge war in der Kürze der Zeit nicht zu bewältigen. Die Schüler waren aber hochmotiviert, sich in den bevorstehenden Ferien in ihr Märchen am Computer zu vertiefen.

Am vorletzten Schultag stellten wir das Projekt der Öffentlichkeit vor. Zwei Kinder, als Hänsel und Gretel verkleidet, begrüßten die Gäste und lockten sie mit Lebkuchen in den Computerraum. Auf den Gängen durch das Schulhaus wurde die Arbeit des ganzen Schuljahres in Texten und Bildern ausgestellt. Im Computerraum fand zu jeder vollen Stunde eine Einführung durch Lehrkräfte statt.

Jeweils anschließend konnten sich die Besucher am Computer interaktiv beschäftigen und sich mit Hänsel und Gretel auf den Weg durch die Märchenwelt machen. Die durchwegs positive Resonanz belohnte uns für die viele Mühe!

 

4. Weiterarbeit am Märchenprojekt

Im Schuljahr 2002/2003 beschäftigten sich die Schüler weiterhin mit unserem Märchenprojekt. In einzelnen Unterrichtsstunden hatten die Klassen die Möglichkeit, sich mit dem Märchen interaktiv zu beschäftigen. Dadurch erlangten sie einerseits mehr Übung und Sicherheit im Umgang mit dem neuen Medium Computer, andererseits wurde durch den hohen Aufforderungscharakter dieses Mediums die Lesefreude und damit auch die Lesekompetenz der Schüler gesteigert. Sie wurden motiviert, neue Einträge in das Gästebuch zu schreiben, Elfchen zu dichten, einen Wunschzettel zu erstellen oder Ideen zu Hänsels Befreiung zu erfinden. So gab es immer wieder Anlässe, an dem Märchen einfallsreich und kreativ weiterzuarbeiten und mit den verschiedenen Handlungssträngen zu experimentieren.

5. Möglichkeiten für die Zukunft

Passend zu der 2004 stattfindenden 1200–Jahr-Feier unserer Gemeinde haben wir für dieses Schuljahr geplant, einen fünften Handlungsstrang auszuarbeiten:

„Hänsel und Gretel verliefen sich im Mittelalter“.

Durch das Schaffen von Querverbindungen zwischen den neuen und den bereits bestehenden Handlungssträngen bieten sich viele Möglichkeiten zur kreativen Weiterarbeit an: neue Texte eingeben, Bilder malen und einfügen, passende Cliparts finden und zum Bewegen bringen, Rätsel aktualisieren – um nur einige Beispiele zu nennen. Die Software bietet dafür grenzenlose Möglichkeiten...